Depression – eine facettenreiche Erkrankung

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Die vielen Gesichter der Depression

Mindestens 10 % der Bevölkerung erkranken im Laufe ihres Lebens an einer Depression. Damit stellt sie, nach Angststörungen, die zweithäufigste psychische Beeinträchtigung dar – eine Beeinträchtigung, die in vielen Gestalten auftritt. So werden Depressionen einerseits nach ihrem Schweregrad in leichte, mittelgradige und schwere, andererseits nach ihrer Häufigkeit bzw. Dauer in einmalige, rezidivierende (wiederkehrende) und dauerhafte (Dysthymie, Zyklothymie) Episoden unterteilt. Bei etwa 10 % der Patienten verläuft die Erkrankung chronisch. Aber auch symptomatisch existieren unterschiedlichste Ausprägungen, die in diesem Beitrag im Fokus stehen.

Grundsätzlich sind die meisten depressiven Episoden zeitlich begrenzt und gut zu behandeln. Dafür ist es jedoch unabdingbar, dass du, als (zukünftiger) Heilpraktiker für Psychotherapie, ihre verschiedenen Gesichter kennst und einordnen kannst.

 

Der „typische“ Verlauf einer Depression – ein Beispiel

 

Stell dir einen Mann mittleren Alters vor, der in deine Praxis kommt. Er berichtet dir von einer zunehmenden Erschöpfung, dem Gefühl kaum noch aus dem Bett zu kommen und einer bleiernen Schwere, die ihn niederzudrücken scheint. Vielleicht schläft er generell schlecht, erwacht früh und fühlt sich insbesondere am Morgen ausgelaugt. Er erlebt ein ausgeprägtes Morgentief.

Selbst am Wochenende, etwa nach einem Mittagsschlaf auf der Couch, erholt er sich kaum. Sein Energielevel tendiert gegen null. Es fällt ihm immer schwerer zur Arbeit zu gehen, die seine ganze noch vorhandene Kraft absorbiert. In der Folge stellen sich Konzentrations- und Gedächtnisprobleme, bis hin zur sog. Pseudodemenz, ein. Seine Fehlerquote steigt.

Zunehmend plagen ihn Gedanken der Unzulänglichkeit, Schuld und Verunsicherung. Phasenweise strengt er sich an, bemüht sich, seine Aufgaben zu bewältigen. Letztlich kann er jedoch die ursprüngliche Leistung nicht mehr erreichen. Es geht einfach nicht.

Zu diesen ganz typischen Energie-, Antriebs-, Motivations- und Leistungsproblemen gesellen sich weitere Symptome. Der Betroffene verspürt kaum noch Appetit. Die Fähigkeit, Freude zu empfinden, geht ebenso verloren wie die Libido, die sexuelle Lust. Meist folgt ein sozialer Rückzug. Andere Menschen werden zunehmend als anstrengend, soziale Situationen als stressig und kaum zu bewältigen erlebt. Er wird von einem unstillbaren Ruhebedürfnis dominiert.

All dies spiegelt sich auch in seiner Partnerschaft wider. Seine Frau stößt mit ihren Versuchen, ihren Lebensgefährten aus seiner Lethargie zu befreien, auf Ablehnung. Sie hat das Gefühl, ihren einstmals lebensfrohen Mann nicht mehr zu kennen. Gleichzeitig empfindet sie Hilflosigkeit oder entwickelt Ängste, wie die Befürchtung, das gemeinsame Lebenskonstrukt könne zusammenbrechen. Zusätzlich fällt es Betroffenen schwer, ihr Erleben auszudrücken. Der Partner kann es nicht nach-empfinden oder verstehen. Die emotionale Kluft zwischen beiden wächst.

 

Du ahnst es sicher: Unbehandelt rutscht der Betroffene in eine Abwärtsspirale, aus der er aus eigener Kraft nicht herausfindet.

 

Weitere Erscheinungsformen der Depression

 

Depressionen betreffen grundsätzlich das gesamte Gefühlsleben (Affektivität) eines Menschen. Auch wenn ihnen eine gedrückte Grundstimmung, Freudlosigkeit und Konzentrationsprobleme gemein sind, kann das innere wie äußere Verhalten von dem beispielhaft beschriebenen „typischen“ Verlauf abweichen. Doch welche weiteren Facetten zeigt die Erkrankung? Du lernst im Folgenden die vier häufigsten kennen.

 

Gesteigerte Psychomotorik (früher: agitierte Depression): In einigen Fällen zeigen sich Depressionen nicht durch die beschriebene Lethargie und Antriebshemmung. Vielmehr befinden sich Betroffene in einem Zustand permanenter innerer Unruhe und Getriebenheit (Agitiertheit). Nach Außen wirken sie aktiv, sind ständig in Bewegung. Impulsiv beginnen sie alle möglichen Tätigkeiten. Andererseits können sie diese weder zielgerichtet ausführen, noch zu Ende bringen, was als äußert unbefriedigend empfunden wird. Dies mündet in erhöhter Reizbarkeit, aber auch in einer Verstärkung der depressiven Symptomatik.

 

Suizidalität: Depressionen bergen ein hohes Suizidrisiko. Schätzungsweise werden mehr als die Hälfte aller Selbsttötungen im Rahmen einer depressiven Erkrankung begangen. Mindestens bei schweren depressiven Episoden gehören Todesgedanken immer zum Beschwerdebild. Besonders gefährlich wird es für die Betroffenen, wenn die negative Grundstimmung noch vorhanden ist, die Antriebshemmung jedoch nachlässt. Die Patienten wirken nach außen plötzlich ruhiger und gelöster, als ob endlich eine Besserung einträte. Tatsächlich kann diese „Ruhe vor dem Sturm“ darauf hindeuten, dass der Beschluss zum Suizid bereits gefasst, Vorkehrungen bereits getroffen sind.

 

Wahn: Von Wahn spricht man, wenn sich bei einem Menschen aufgrund einer Fehlbeurteilung der Wirklichkeit Überzeugungen festsetzen, die nicht von außen korrigiert werden können. Bei depressiven Episoden umfasst er insbesondere die Themen Krankheit (hypochondrischer Wahn), Schuld und Verarmung. Ein körperlich kerngesunder Mensch ist etwa überzeugt davon, an einer unheilbaren, tödlichen Krankheit zu leiden. Keine Diagnose kann ihn während des Wahnzustandes vom Gegenteil überzeugen. Für ihn ist es die Realität. Gerade bei Depressiven drehen sich die Gedanken zudem immer wieder um die Wahn-Themen, wodurch die negative Grundstimmung weiter befördert wird.

 

Somatisierungsstörung (früher: larvierte Depression): Bei einer Somatisierungsstörung zeigen die Betroffenen über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren wechselnde körperliche Krankheitsanzeichen, ohne dass eine organische Ursache gefunden wird. Insbesondere treten Herz-Kreislauf-, Magen-Darm- und Schmerzleiden auf. Die Beschwerden können sowohl als Folge oder Symptom einer psychischen Erkrankung vorkommen, als auch deren Auslöser sein. Im zweiten Fall führen Hilflosigkeit sowie Ohnmacht der Patienten gegenüber ihren Symptomen zu einem Gefühl der Hoffnungslosigkeit und münden schließlich in einer depressiven Episode.


Fazit: Depression – Ein Leiden mit vielen Gesichtern

 

Wie du siehst, stellen sich Depressionen keinesfalls einheitlich dar. Die Gefühlswelt eines jeden Menschen ist einzigartig und facettenreich. Ebenso zeigt jeder Einzelne während einer depressiven Episode die verschiedenen Symptome in unterschiedlichen Ausprägungen und Mischformen.

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